In Arequipa wimmelt es von Angeboten in den naheliegenden Colca Cañón, der zweittiefsten Schlucht der Welt. Bereits in Cusco haben uns andere Reisende davon vorgeschwärmt, jedoch sei es extrem touristisch. Der tiefste Cañón der Welt, der Cañón de Cotahuasi, befindet sich in der Nähe und ist aufgrund seiner Abgeschiedenheit kaum besucht. Warum also nur aus Bequemlichkeit mit dem zweitbesten Vorlieb nehmen? Und so finden wir uns im Nachtbus von Arequipa nach Cotahuasi wieder, welcher uns zehn Stunden durchs Niemandsland kutschiert, die Hälfte davon auf unbefestigten Strassen.
In der Touristeninfo im grössten Ort des Tals, ebenfalls mit dem Namen Cotahuasi und etwa 1500 Einwohnern, werden wir mit Tipps versorgt und wir tragen uns ins Gästebuch ein, welche seit einigen Tagen keine Eintragungen mehr vorzuweisen hat.
Mit dem Bus fahren wir am ersten Tag in Richtung Alca, etwa eine Stunde die Schlucht hoch. Von dort gelangen wir in etwa 1.5h Wandern auf ein wunderschönes Hochplateau mit dem Namen Cahuana. Von den Bewohnern – menschlich und tierisch – werden wir aufmerksam registriert. Über einen Wanderweg geht es zurück nach Alca, wo uns viele Schüler entgegenkommen, welche diesen steilen Weg täglich in Angriff nehmen und entsprechend zügig den Berg hochspurten.
Tags darauf fahren wir um 06.00 Uhr mit dem einzigen Bus zu den Cataratas de Sipia los. Ein alter Herr hilft uns dabei, am richtigen Ort auszusteigen. Wir sind mutterseelenallein bei den Wasserfällen. Keine Menschenseele, egal wo wir hinblicken und dies am meistbesuchten Ort der ganzen Schlucht… Von dort wandern wir der unbefestigten Strasse der Schlucht entlang, welche teilweise spektakulär zwischen den Felsen durchführt. Riesige Furchen in den Hängen lassen erahnen, welche Wassermassen zur Regenzeit in steilem Gefälle in die Schlucht hinunterfliessen und wohl oft auch Teile der Strasse wegspülen. Hier in der Schlucht brennt die Sonne gnadenlos vom Himmel und die Vegetation besteht lediglich aus Kaktuspflanzen. Nur im Talboden, entlang der Flussläufe und auf einigen bewohnten Plateaus herrscht üppiges Grün. Die Bewohner lassen ihre Plantagen durch eigens angelegte Kanäle bewässern, welche das Wasser von den Bergen durch die Ebenen führt. Unser Weg führt vorbei an einem eindrücklichen Kaktuswald und uralten Terassenfeldern. Die Strasse endet urplötzlich an einem Fluss und wir folgen dem Trampelpfad bis zum Dorf Quechualla, dem Endpunkt unserer Wanderung. Die Ortschaft gleicht einer Oase: es gedeihen Mangos, Avocados und Trauben und mittendrin stehen ein paar einfache Lehmhütten. Wir übernachten in der einzigen Unterkunft im Dorf (bei insgesamt acht Einwohnern gleicht es an ein Wunder, dass es überhaupt eine Unterkunft gibt). Die Zimmer ist extrem einfach mit Erdboden und Bambusbetten, aber wir erhalten so ein äusserst authentisches Bild vom Leben in diesem Dorf. An einem Kanal gönnen wir uns eine Outdoor-Dusche und beim Abendessen unterhalten wir uns mit Rafael, einem Freund der Familie, über das Leben in Quechalla, Musik, Avocados, chinesische und Schweizer Produkte etc. Für einen Arztbesuch müssen die Einwohner nach Arequipa reisen. Das heisst, morgens um 08.30 Uhr den einzigen Bus nach Cotahuasi nehmen (2.5h Fahrt), dort bis zum Abend auf den Nachtbus warten und dann weitere 10h Fahrt bis nach Arequipa. Mit vielen neuen Eindrücken kehren wir tags darauf mit dem Bus nach Cotahuasi zurück.
Nach einem gemütlichen Tag in Cotahuasi müssen wir wieder früh aus den Federn, denn es gibt täglich nur einen Bus zu unserem nächsten Ziel: Pampamarca. Die Strasse kurbelt sich unzähligen Serpentinen entlang nach oben – der Splügenpass erscheint dagegen wie ein schlechter Witz. Vom Hochplateau aus wandern wir steil eine Flanke bis zu einem Grat hoch und von dort weiter zu den imposanten Sandsteinformationen “Bosque de Piedrad Hulto”. Aus nächster Nähe können wir mehrere Kondore beobachten, welche majestätisch über uns die Thermik nutzen und deren Schatten der Felswand entlang tanzen.
Vor unserer abendlichen Weiterreise nach Arequipa und Puno entspannen wir uns in den heissen Quellen von Luicho und lassen uns mal wieder Tiefenreinigen… Die Zeit in Cotahuasi, abseits von grossen Menschenmassen und ohne Handyempfang, genossen wir in vollen Zügen. Es gibt so gut wie keine Autos hier, nur Busse. Die Menschen erkennen einen nach einem Besuch in ihrem Laden auf der Strasse wieder und nur bei zwei Gelegenheiten in diesen fünf Tagen sind wir auf andere “Gringos” gestossen.
Kommentare
4 KommentareLui
Nov 9, 2016Hallo zusammen wieder ein Super Bericht aus Peru mit schönenLandschaften und interessanten Geschichten macht weiter so und geniesset es Lg aus Bonaduz
Georg
Mai 7, 2019Fundierter Bericht, gute Fotos.
Werde mir im Herbst Schlucht und Umgebung ansehen.
Gian & Irene
Jun 7, 2019Danke für deinen Kommentar, Georg. Wir wünschen dir viel Vergnügen in Cotahuasi – ein wunderschönes Tal.
Volodymyr
Jul 9, 2021Hallo. Ist es möglich, im Mai in den Canyon zu reisen? Wie ist das Wetter dort? Danke für die Antwort. Mit den besten Grüßen Volodymyr Iasinskyi