Puerto Varas
Nach dem vorgezogenen Weihnachtsessen in Pucon, bereiten wir nach der Ankunft in unserem AirBnB in Puerto Varas unser eigenes Weihnachtsessen zu. Wir geniessen den gemütlichen Abend bei einem 4-gängigen Schlemmermenü: Bruschetta, Salat, selbstgemachte Pizza und Kokosguezli. Dazu nippen wir an einem chilenischen Rotwein. Es ist irgendwie komisch, diese Tage ganz ohne die Familie zu verbringen, doch wir freuen uns stattdessen einfach auf das Fest im nächsten Jahr, welches wir umso mehr geniessen werden.
Den total verregneten Weihnachtstag verbringen wir bei unserer Gastgeberin Claudia mit Lesen und Reiseroute planen. Beim Abwasch in der Küche beginnt plötzlich das ganze Haus zu wackeln und das Wasser auf dem Tisch schwappt heftig hin und her: ein Erdbeben. Nach rund 20 Sekunden ist der Spuk vorbei und Claudia meint, es habe sich wohl um ein nicht besonders heftiges Erdbeben gehandelt. Wie sich kurz darauf herausstellt, war das Beben wohl doch heftiger, als gedacht und nur dank der guten Bauweise des Hauses haben wir nicht ganz so viel bemerkt. Als wir auf der Webseite der Behörde eine Stärke von 7.6 erfahren, informieren wir prophylaktisch unsere Familien, dass es uns gut geht. Wir erfahren, dass das Epizentrum auf der Insel Chiloé, ca. 100km südlich von uns lag und auch Tsunamiwarnungen ausgerufen wurden – selbst für den See bei Puerto Varas. Im Verlaufe des Tages wird diese aber wieder aufgehoben und wir erfahren, dass glücklicherweise keine grösseren Schäden vorgekommen sind.
Petrohué (Parque Nacional Vicente Perez Rosales)
Einen Tag nach diesem eindrücklichen Erlebnis können wir unsere Miet-Campingausrüstung entgegennehmen und nach einem Grosseinkauf fahren wir nach Petrohué in den Nationalpark Vicente Perez Rosales. Mit dem Boot überqueren wir die Flussmündung am Lago Todo los Santos und gelangen zu einem schönen Campingplatz am See, wo wir einen gemütlichen Abend verbringen.
Tags darauf nehmen wir eine 7-stündige Wanderung zu einem Pass in Angriff. Nach der Registration im geliebten Nationalpark-Büro bei einem total motivierten Mitarbeiter wandern wir am Fusse des Vulkans Osorno los. Der Aufstieg zum Pass zehrt, denn es liegt zentimeterdicker Vulkansand auf dem Wanderweg und hinter jedem Anstieg wartet der nächste Hügel. Als wir schon fast nicht mehr daran glauben, gibt es keinen weiteren Anstieg mehr, denn wir sind auf dem Paso Desolacion. An diesem strahlend blauen Tag können wir unsere Blicke kaum vom perfekt geformten Vulkan Osorno wenden, welcher für uns der bisher schönste Vulkan ist. Zudem glitzert der See Todo los Santos wunderschön blau zu unseren Füssen mit dem mächtigen Tronador im Hintergrund.
Am nächsten Morgen packen wir unsere Ausrüstung zusammen und warten auf einen der Bootsführer, welcher uns ans andere Ufer chauffiert. Von dort gelangen wir mit dem Bus zum Wasserfall von Petrohué. Dieser ist zwar nicht besonders hoch, durch die Wassermassen und das extrem klare Wasser sowie der wünderschönen Kulisse mit dem Vulkan Osorno im Hintergrund trotzdem sehr eindrücklich.
Cochamó
Nach diesem Abstecher fahren wir mit dem Bus weiter nach Cochamó. An der Bushaltestelle lassen wir uns überzeugen, im Kleinbus taleinwärts bis zum Traileinstieg zu fahren. Im Nachhinein sind wir heilfroh über diese Entscheidung, denn der weiterführende, 13km lange Wanderweg bis zum Campingplatz La Junta hat es in sich. Wegen des tiefen Schlamms ist die Wanderung eher ein nicht enden wollendes Ausweichmanöver nach rechts, links und über Hügelchen und Baumstämmen steil nach oben und wieder nach unten. Nach nervenaufreibenden 4h stehen wir plötzlich auf einer Wiese am Talboden, daneben verläuft ein glasklarer Bergbach und rundherum ragen eindrückliche Granitfelsen in den Himmel. Wir sind überwältigt! Als wir uns am Abend mit Jorge vom Campingplatz über der Karte unterhalten, sind wir erstaunt über die vielen Möglichkeiten, die es hier gibt. Es gibt eine etwa 6-tägige Rundwanderung, eine mehrtägige Wanderung über die Grenze nach Argentinien und viele Tagestouren ab La Junta. Schade haben wir nicht mehr Zeit eingeplant…
Nach einer Nacht unter einem wunderschönen Sternenhimmel starten wir unsere Wanderung indem wir mit einer kleinen Einpersonen-Seilbahn den Bach überqueren. Den Weg setzen wir auf immer abenteuerlichere Weise nach oben fort. Wir kämpfen uns über riesige Tritte, klettern über umgefallene Bäume, durch trockene Bachbetten und zerkratzen uns im Dickicht an Sträuchern die Arme und Beine. Wir erreichen eine wunderschöne Lagune am Fusse einer riesigen Granitwand, wandern weiter durch das Unterholz zum Paso Querido del Caso Perdido. Als wir aus dem Wald treten, macht uns die Aussicht augenblicklich sprachlos. Die endlose und menschenleere Landschaft, der stahlblaue Himmel und die mächtigen Granitfelsen lassen uns winzig und klein erscheinen. Wir stehen auf dem Pass, drehen uns von der einen Blickrichtung in die andere und lassen die überwältigende Gegend einige Minuten auf uns wirken. Anschliessend kraxeln wir weiter nach oben und erreichen schliesslich den Gipfel mit dem merkwürdigen Namen Cerro Quick Dick. Der Ausblick vom Berg ist gar noch eindrücklicher und als unser Blick nach rechts schweift, entdecken wir keine 30m von uns entfernt einen Andenkondor, welcher uns von seinem Fels anstarrt. Plötzlich hüpft er in die Leere unter ihm, sackt aufgrund seines Gewichts zunächst einige Meter nach unten, spannt dann seine riesigen Flügel und vollführt direkt vor unseren Augen eine Flugshow. Nach ein paar Kreisen in der Luft gesellt sich auch sein Weibchen zu ihm, fast synchron schweben sie durch die Lüfte. Nach dem Abstieg lassen wir diesen perfekten Tag bei Sonnenschein und Risotto auf dem Campingplatz ausklingen.
Jorge informiert uns, dass für den morgigen Nachmittag Regen angesagt ist und der Rückweg ins Tal dann knietiefen Matsch bedeuten kann. Darauf können wir gerne verzichten, deshalb packen wir am nächsten Morgen unser Equipment zusammen und marschieren los. Die Sonne des Vortages hat den Weg etwas trocknen lassen und so gestaltet sich die Wanderung etwas angenehmer als auf dem Hinweg. Unten angekommen wartet bereits ein Bus, welcher gemäss dem Chauffeur “bald” abfahren soll. Wir haben es nicht eilig und fläzen etwas in der Sonne, bis sich der Bus 1.5h später doch noch in Bewegung setzt.
In Ensenada, welches vor knapp zwei Jahren aufgrund eines Vulkanausbruchs unter einer 50cm dicken Ascheschicht stand, finden wir einen hübschen Campingplatz am See. Da unsere Gaskartusche leer ist, machen wir uns in dem Kaff auf die Suche nach einem Restaurant, finden aber keines, welches geöffnet hat. Schliesslich landen wir in einem kleine Imbiss, in welchem wir superleckere Riesen-Sandwiches verdrücken. Getränke gibt’s keine, diese müssen im Supermarkt nebenan besorgt werden. Das eingekaufte Bier dürfen wir aber nicht im Lokal trinken, da der Besitzer keine Lizenz hat. Plötzlich taucht er aber wieder auf und meint, dass es nun OK sei… Anscheinend war noch jemand von der Behörde in der Nähe. Wir folgen ihm nach drinnen, wo er das Bier in eine Kaffeetasse füllt und die leere Flasche mit einem Augenzwinkern unter der Theke verschwinden lässt.
Silvester in Puerto Varas
Nach einer etwas regnerischen Nacht verlassen wir Ensenada und als wir zurück in Puerto Varas aus dem Bus steigen, schüttet es wie aus Kübeln. Wir retten uns in ein Cafe zu heisser Schokolade/Kaffee und Kuchen. Wir übernachten wieder bei Claudia, welche uns für den bevorstehenden Silvesterabend zu einem Asado einlädt. Gemeinsam mit ihr und Sergio, einem anderen Gast aus El Salvador, kaufen wir alles ein und fahren anschliessend für einen Abstecher nach Frutillar. Das kleine Örtchen ist schön am See gelegen und steht unter starkem deutschem Einfluss, bietet aber nicht besonders viel. Zurück in Puerto Varas geht es ans Vorbereiten und Kochen. Die von Sergio mitgebrachten Austern weigern sich stark, geöffnet zu werden und Gian’s Sackmesser verliert beim Kampf seine Spitze… Wir geniessen einen lustigen Abend mit Claudia und Sergio bei reichlich Essen: Pommes mit Pilz-Rahmsauce, Salat, Ofenkartoffeln mit Käse, Peperoni, Aji und Unmengen Fleisch. Dazu fliesst Bier und Wein. Um Mitternacht zündet die Stadt das Feuerwerk (welches vom Casino gesponsert wurde, da der ehemalige Bürgermeister die Gemeindekasse geleert hat) und zum Abschluss tischen wir unseren mitgebrachten Zwetschgen-Schnaps (natürlich von Daguot!) auf, welcher grossen Anklang findet.
Tips für Puerto Varas
Puerto Varas war für uns eine gute Ausgangslage für die Trips nach Petrohué und Cochamó und schöner als Puerto Montt.
Übernachten
Die Preise für Übernachtungen sind relativ hoch, weshalb wir uns für ein AirBnB entschieden haben. Unsere Unterkunft könnten wir wärmstens empfehlen, leider bieten die Vermieter die Zimmer nicht mehr an.
Ausrüstung mieten
Nach langem Suchen nach Campingausrüstung zum Mieten wurden wir bei Jessica von GuideMe fündig. Sie hat uns das Material gar direkt zu unserer Unterkunft gebracht. Die Schlafsäcke glichen alten Militärschlafsäcken, der Rest des Materials war aber in gutem Zustand.
Tips für Petrohué
An- und Rückreise
Tagsüber fahren alle 30 Minuten Busse via Ensenada nach Petrohué (ca. 1.5h). Aussteigen kann man auch beim Wasserfall.
Übernachten
Es gibt eine relativ teure Lodge und zwei Campingplätze, jener vom CONAF ist aber aufgrund von Aufräumarbeiten derzeit noch geschlossen. Den Campingplatz der Familie Kuschel liegt auf der anderen Flussseite und erreicht man, indem man am Hafen einen Bootsführer anspricht. Die Überfahrt kostet je nach Bootsführer 500 – 1000 CLP pro Person, der Campingplatz 2500 CLP pro Person.
Wanderungen
Im CONAF-Büro kann man sich nur dürftig informieren, eine Karte ist ebenfalls nicht vorhanden. Die etwa 8-stündige Wanderung zum Paso Desolacion können wir sehr empfehlen – die Aussichten auf den Vulkan und den See sind fantastisch. Diese Wanderung ist gut ausgeschildert und der Weg ist problemlos zu finden. Eine Zweitageswanderung führt zu den Termas de Callao und weiter zum Lago Rupanco. Zum Traileinstieg muss man ein Boot chartern, was sehr teuer sein kann, wenn man keine “Wandergspänli” findet. Zwei weitere kurze Wanderungen starten bei den Wasserfällen von Petrohué.
Tips für Cochamó
Wer Zeit und etwas Abenteuergeist mitbringt, dem können wir Cochamó nur wärmstens empfehlen – für uns gehört es zu einem der Highlights der Reise.
An- und Rückreise
Von Puerto Montt oder Puerto Varas gelangt man in ungefähr 2.5h Busfahrt zum Dorf Cochamó. Der Bus fährt noch weiter zum Taleingang (Haltestelle El Valle). Dort stand in unserem Fall ein Minibus bereit, welcher uns zum Traileinstieg beim Campingplatz Los Pozones brachte. Im Bus am besten nach den Fahrzeiten fragen, diese sind etwas undurchsichtig. Beim Rückweg stand bei uns bereits bei Los Pozones ein direkter Bus zurück in Richtung Puerto Montt bereit.
Übernachten
Direkt beim Traileinstieg in Los Pozones gibt es einen Campingplatz. Schöner ist aber La Junta, etwa 4h Wanderzeit entfernt. Zu unserer Zeit gab es drei Campingplätze welche alle 5000 CLP pro Person kosteten. Alternativ gibt es ein Refugio, welches bei uns aber geschlossen war. Empfehlen können wir den Campingplatz auf der linken Seite, dort gab es sogar frisches Brot.
Wanderungen
Der Campingplatzbesitzer hat uns über die Wanderungen informiert und es lag eine gute Wanderkarte aus (in dieser waren noch zusätzliche Wanderwege eingezeichnet, welche auf der Webseite der Gegend nicht zu finden waren) – wo man diese kaufen kann, wissen wir aber nicht. Die wohl beliebteste Wanderung führt zum Cerro Arco Iris. Unsere Wanderung führte uns zum Cerro Quick Dick, was einer Tageswanderung von etwa 8h entspricht und sehr zu empfehlen ist. Man kann vom Pass auch weiter zur Lagune Adventura wandern. Es gibt auch mehrtägige Wanderungen rund um La Junta oder eine Rundwanderung von etwa 6 Tagen, welche zum Dorf Puelo führt, etwa 1h Busfahrt von Cochamo entfernt. Eine weitere Wanderung führt über die Grenze nach Argentinien.
Das Gebiet ist relativ unzugänglich, entsprechend abenteuerlich sind auch die Wanderwege. Unbedingt also gutes Schuhwerk mitnehmen! Immerhin Wasser muss nicht viel mitgeschleppt werden: an den glasklaren Bergbächen kann die Flasche problemlos nachgefüllt werden.
Für Kletterer ist das Gebiet ebenfalls sehr gut geeignet. Über die Schwierigkeiten der Routen können wir aber nicht viel sagen.
Kommentare
1 KommentarUschi&Mario
Jan 4, 2017Hallo jar zwöi Wäutäbummler, einisch meh spannendi Brichtä u wunderschöni Biuder 🖒☺. Liebi Grüess us der Heimat wo langsam der Winter izug het. Bye, bye