Der Kontrast von Ushuaia zu Buenos Aires könnte grösser kaum sein: knapp 25° Temperaturunterschied und vom Ende der Welt werden wir direkt in eine Millionenstadt katapultiert. Und doch ist uns die Stadt auf Anhieb sympathisch, denn es gibt viele Grünflächen, schöne Gebäude und trotz der Grösse wirkt alles sehr gemächlich.
Kurz nach unserer Ankunft werden wir Zeuge eines für uns speziellen Spektakels auf dem Plaza de Mayo vor dem Regierungsgebäude. Eine Handvoll junger Soldaten marschiert in sonderbarem Laufschritt zur Fahnenstange und holt die übergrosse argentinische Fahne mit grossem Trara und unter Trompetenklängen ein. Perfekt gefaltet wird die Fahne ins Gebäude gebracht – schliesslich hat diese um 19 Uhr Feierabend. Immerhin hier wird Wert auf Pünktlichkeit gelegt.
Am Sonntag schlendern wir der Calle Defenso im Quartier San Telmo entlang, an welcher ein grosser Sonntagsmarkt stattfindet. Abgesehen von einem Matebecher und einem frisch gepressten Orangensaft bleiben wir bei den unzähligen Souvenirs, Antiquitäten und Kuriositäten standhaft. Auf der Plazza Dorrega am Ende des Marktes verfolgen wir an einem schattigen Plätzchen aufmerksam eine Tangoaufführung. Die augenscheinliche Leidenschaft und flinken Beinbewegungen der Tänzer faszinieren uns. Es ist ein Wunder, dass die Tänzer nicht ihre Beine verknoten. Eine Steigerung dieser bereits eindrücklichen Aufführung folgt dann am nächsten Abend bei einer Tangoshow. Bis zu vier Paare gleichzeitig und synchron vollführen sehr eindrückliche Bewegungen in unglaublichem Tempo. Das Ganze wird durch die richtige musikalische Begleitung mit einer Live-Band und zwei stimmgewaltigen Sängern untermalt.
Am Nachmittag statten wir dem Quartier La Boca einen Besuch ab, hier lag früher der Hafen und entsprechend rau ging es hier dazumal zu und her. Der italienische Einfluss ist hier noch deutlicher zu spüren, als in anderen Gegenden der Stadt. Die Bewohner benutzten übrig gebliebene Farbe von den Schiffen um ihren Häusern einen farbenfrohen Anstrich zu verleihen. Besonders charmant kommt dies beim Touristen-Hot-Spot Caminito zur Geltung. Die Gässchen sind zwar sehr hübsch und mit ihren grossen Innenhöfen äusserst einladend, die Menschenmassen überfordern uns jedoch etwas. Jeder Bewohner versucht ein Stückchen vom Kuchen abzubekommen und versucht sich als Tangotänzer, Verkäufer, Marktschreier für Restaurants oder in der Handwerkskunst.
Im Anschluss schlägt Gian’s Fussballerherz einige Takte höher: wir besuchen das berühmte Stadion des Stadtclubs Boca Juniors, in welchem einst Diego Maradona so richtig durchstartete und nach einigen Jahren in Europa seine Karriere beendete. Mitten in diesem Arbeiterviertel ragt die steile Tribüne in die Höhe und die Menschenmassen jubeln in für uns unvorstellbarer Manier ihren Helden zu. Die Porteños (so werden die Einwohner von Buenos Aires genannt) sind fanatisch, wenn es um Fussball geht. Und damit meinen wir so wirklich, richtig fanatisch. Etwa 9000 Hardcore-Fans des legendären Clubs erscheinen bei wichtigen Spielen zwei bis drei Stunden vor Anpfiff, um auf den Stehplätzen wild auf- und ab zu hüpfen. Direkt darunter befinden sich nämlich die Garderoben der Gastmannschaft, welche ein regelrechtes Erdbeben erlebt, da die Wände durch die Belastung zu schwanken beginnen. Auch die La-Ola-Welle ist hier pipifax, in La Boca gibt es die Lawine. Auf den günstigen Tribünenplätzen rückt die Menschenmenge während des Spiels nach hinten, um besser sehen zu können, da der Rasen erhöht liegt. Wird ein Tor erzielt, sprinten alle nach vorne zum Maschendrahtzaun und klettern daran hoch – wohlbemerkt etwa 10 Meter über dem Boden. Kein Wunder, kommt es immer wieder zu Unfällen… Da die argentinische Meisterschaft noch nicht begonnen hat, können wir die Atmosphäre im Stadion leider nicht direkt miterleben.
Bei einer Free Walking Tour, erfahren wir wiederum viel Spannendes über die Hauptstadt – Geschichten, die einem sonst verborgen bleiben würden. Beispielsweise ein Hochhaus, das aus purer Rache errichtet wurde oder Details über den Falklandkrieg, welcher den Argentiniern noch heute sehr nahegeht.
Weitere Zeit verbringen wir unter anderem im wunderschönen japanischen Garten, welcher bei uns viele schöne Erinnerungen an unsere eigene Japanreise vor sechs Jahren hervorruft. Und dann bricht bereits unser letzter Abend in Südamerika an – wir können es kaum glauben. Grund genug, ein bisschen zu feiern. Im berühmten Lokal La Cabrera stürmen wir die Happy Hour, denn jeweils von 19 bis 20 Uhr wird auf sämtliche Bestellungen 50% offeriert. Für Gian gibt es ein Stück bestes Fleisch von sage und schreibe 800g, serviert mit köstlichen Beilagen und einer guten Flasche Wein. Nach einem Abstecher in eine Bar geniessen wir die ausgelassene Stimmung auf einem belebten Platz und beobachten die Leute beim Tanzen, Musizieren, Beatboxen und Rappen. Diese Offenheit und Unbeschwertheit der Menschen wird uns wohl sehr fehlen.
Als wir am Tag darauf zu Flughafen fahren, beschert uns Südamerika einen Abschied nach Mass: wir fahren in einem ohrenbetäubend quietschenden und vollgestopften Bus – bei diesen Temperaturen alles andere als angenehm – zum Flughafen, wo wir durch den langsamsten und unfähigsten Mitarbeiter auf Mutter Erde eingecheckt werden. Aber auch das ist Südamerika und irgendwie haben wir auch das liebgewonnen – so können wir dies locker hinnehmen.
Tipps Buenos Aires
Da die Stadt über wenige markante Sehenswürdigkeiten verfügt, lässt sich die Metropole am besten über die verschiedenen Quartiere erleben, welche in starkem Kontrast zueinander stehen. Wir haben jeweils zwei Nächte im Microcentro und in Palermo verbracht – so konnten wir vieles sehen und erleben.
Essen: La Cabrera. Auf alles, was zwischen 19 und 20 Uhr bestellt wird, erhält man 50% Rabatt. Das Restaurant hat zwei Ableger, das Angebot gilt aber anscheinend in beiden Restaurants. Am besten etwa um 18.45 Uhr da sein, damit man einen Platz erhält. Das Fleisch ist wirklich hervorragend und man erhält kleine Beilagen dazu.
Tangoshow: Lässt sich in vielen Hostels direkt buchen. Wir waren im Piazzollo, was wir sehr empfehlen können. Die Show mit Tänzern, Live-Band und Sängern dauert eine gute Stunde und es kann auch mit Abendessen gebucht werden, was aber unserer Meinung nach zu teuer war, weshalb wir nur die Show besucht haben. Im Nachhinein eine gute Entscheidung, das Lokal empfanden wir zum Essen nicht besonders gemütlich. Dann lieber ins Cabrera…
Transport: Das Transport-System in Buenos Aires ist sehr einfach und zuverlässig. Auf der Webseite der Stadt kann der Ausgangs- und Zielort eingegeben werden und man erhält direkt die besten Verbindungen mit Karte. Für Busse und U-Bahn benötigt man eine SUBE-Karte. Diese erhält man an vielen Kiosken oder in manchen Hostels. Wir hatten unsere noch von Bariloche – das System ist dort identisch.
Weitere empfehlenswerte Aktivitäten: Abstecher nach Uruguay, Free Walking Tour, Besuch eines Fussballmatches, die Stadt und die schönen Pärke zu Fuss erkunden